Archiv der Kategorie: Indien

Von Kollam nach Coimbatore

Durch die Zeitverschiebung in Deutschland weckt uns mein Handy eine Stunde zu früh, was wir nicht direkt bemerken. So stehen wir um 5 Uhr auf und wunderten uns, das Francis nicht im 5:15 mit seinem Tuk-Tuk vor dem Eingang steht. Nach ca. 15 unruhigen Minuten wecken wir einen der Mitarbeiter, der auf dem Tisch schläft und uns verwundert anschaut. Aha … eine Stunde zu früh 😞…

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Leider bringt Francis uns nicht zum Bahnhof hinein und nun beginnt unser indisches Suchspiel „Züge finden in Indien“. Wie zuvor stehen wir nur auf der Warteliste, obwohl wir ein Ticket haben. Scheinbar mögen die Inder diese Wartelistenaktion, da man so noch mal zu einem Schalter muss. Per Hand wird die Sitzplatznummer, die Stelle des Bahnsteigs und die Waggon-Nr. eingetragen … nur welche Nummer bedeutet was? Wir verwechseln natürlich die Waggonnummer (S4) mit der Nummer der Einstiegsstelle (13)  und laufen den ganzen Bahnsteig hinunter, fragen nach und werden wieder an das andere Ende geschickt. Da um 7:10 Uhr ein Zug einfährt, denken wir, dass dies unser Zug sein muss. Wir suchen Waggon Nr. S4, finden ihn nicht, fragen wieder nach, werden weit ans Ende geschickt, wir laufen mit den Rucksäcken wie verrückt und steigen kurz bevor er losfährt ein … doch dann frage ich 3 Männer im Zug, ob er nach Coimbatore fährt und als sie dies dann verneinen, rufe ich „Bettina raus!“ und prompt stehen wir wieder auf dem Bahnsteig. That’s Indian Railway!

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Am richtigen Gleis steht zur richtigen Zeit ein Zug, aber nicht deiner. Vom ersten Schrecken erholt, stellen wir uns in Abschnitt 13 und warten auf den nächsten Zug. Natürlich versichern wir uns vorher, ob dies auch wirklich unser Zug ist und ja, er war es … doch, oh Schreck, dieser Zug unterscheidet sich extrem von unserem ersten Zug. Es ist stickig, heiß und schmutzig … sehr einfache Kategorie eben … local class … wir kommen schnell in Kontakt mit der alten Dame uns gegenüber, die ein Ayurveda-Institut in Kerala betreibt und schon einige Male u. A. in Frankfurt, Bremen und auch Leverkusen war. Dort kennt sie auch eine Evelyn, die in einem Labor arbeitet und die sie regelmäßig besucht. So klein ist die Welt. Wir tauschen uns über Ayurveda, Leverkusen, Deutschland und unsere bisherige Reise aus und lachen viel miteinander. Natürlich bekommen wir eine Visitenkarte mit Einladung nach Trivandrum. Auch die Zugkellner, die stetig „Coffee … Chai“ oder „Samosas“ rufen, bleiben gerne bei uns hängen und machen Späße mit uns, vor allem weil ich zu Beginn 4 Kaffee geordert habe, ohne zu wissen wie die Toilette aussieht … Zwischendurch versuchen wir auf der oberen Liege zu schlafen, doch die Luft ist oben so stickig heiß, dass es kaum möglich ist. Auf den Sitzen und an den Rückenlehnen klebt der Schweiß von tausend Indern und unserer kommt jetzt noch dazu. Diese 7,5 Stunden bei gefühlten 40 Grad in diesem Zug sind wahrlich eine wahre Herausforderung.

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An größeren Bahnhöfen strömen jede Menge fliegende Händler in die Abteile und wollen alles Mögliche verkaufen: Schlüsselanhänger, Kitschfiguren, „frisch gepresste“ Säfte, Wasser, Cola, Seven-Up, Tee und Kaffee aber auch Schmuck und selbstverständlich leckeres, indisches Essen. Nach dem Essen wird einfach alles aus dem Zugfenster geworfen. Das scheint hier so üblich zu sein, denn es gibt wirklich nirgends einen Mülleimer. Ich hab in ganz Indien nur wenige gesehen. Wahrscheinlich werden auf diese Weise wieder Arbeitsplätze geschaffen, denn zumindest an den Bahnhöfen tummelten sich einige Menschen, die den groben Unrat sofort in blauen Müllsäcken verschwinden ließen. Aber wie gesagt nur den wirklich groben Unrat. Alles andere liegt einfach so rum.

Als wir dann gegen 15:30 Uhr endlich Coimbatore erreichen, suchen wir unseren Taxifahrer, finden ihn jedoch nicht direkt, laufen die Treppe rauf in die falsche Richtung zum anderen Ausgang des Bahnhofs, wo uns auch die Polizei nicht weiterhelfen konnte, auf die andere Seite zu gelangen. Während wir mit dem Tuk-Tuk rüberfahren, klingelt mein Handy. Gowshi, unser Fahrer erwartet uns. Nach einem kalten Drink geht’s nun gemütlicher in seinem Auto mit AC weiter nach Mettupalayam.

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Das Hotel, das er uns empfiehlt, ist zwar sauber aber mehr als geschmacklos eingerichtet. Für knapp 1800 IR (ca. 25€) bleiben wir, gehen kurz duschen, damit Gowshi uns die Stadt zeigen kann. Nach einer Rundfahrt durch das Gewühle, einem Fotostop, an dem er unbedingt Fotos mit uns machen wollte, suchen wir ein Restaurant auf, dass ebenso geschmacklos wie das Hotel eingerichtet ist. Unter geschmacklos verstehen wir hier gekachelte Böden, Plastikstühle, kahle und oft schmutzige Wände. Beim Essen haben wir zusammen um so mehr Spaß, denn unsere Themen über Liebe und Heiraten in Indien und Deutschland, über die Müllprobleme und Bier trinken, bringen ihn immer wieder aus der Fassung. Mit weit aufgerissenen Augen lacht er sich kaputt. Natürlich gibt es hier kein Bier, doch in unserem Hotel ergattern wir noch 2 große Flaschen und verschwinden damit ins Bett.

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Kollam

Ashtamudi Villas in Kollam

 Was für eine Wohltat an diesem ruhigen Örtchen zu sein. Wie die meisten indischen Städte ist es in Kollam auch laut und der Straßenverkehr chaotisch mit dem üblichen Gewusel, weswegen wir diese Abgeschiedenheit hier am See in diesem tropischen Garten sehr mögen. Es ist sehr amüsant mit den anderen Travellern aus Frankreich, England, Deutschland usw. hier an einem Tisch zu sitzen, zu essen und zu quatschen. Mein 1. keralisches Frühstück war doch etwas scharf für mich. Die Currys hier sind ausgezeichnet … Paneer Butter Masala ist mein Favorit!

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Ayurvedische Massage

 An dem Nachmittag nach unserer Kanutour wollen wir eine original ayurvedische Massage probieren. Francis erklärte uns schon auf der Hinfahrt, dass dies eher eine Klinik sei. Das Gebäude schien schon etwas in die Jahre gekommen zu sein und an der Rezeption staunten wir über die Vielzahl an Kräuterölen. Doch ohne eine Untersuchung beim Arzt geht hier gar nichts.

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Bettina liegt  splitterfasernackt auf dem Holztisch … sie wird komplett eingeölt … komisch ist  ihr, dass der Raum eher schmuddelig aussieht, dass sie dann noch bei 38 Grad Außentemperatur in eine „Steambox“ (Dampfbox) gesteckt wird, in der es dann noch wärmer war. Bettina fühlte sich gegart wie ein Hühnchen. Duschen muss sie sich zum Schluss in einem schmuddeligem Bad.

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„Verschrieben“ hat mir der Arzt eine Gesichtsbehandlung und eine Art Lymphdrainage gegen meine geschwollenen Füße. Als ich in den Raum komme, mischt eine Frau eine Ölmischung aus verschiedenen Kräuterölen zusammen. Ich schaue mich um … Mich erinnerte der Raum eher an einen Folter- und Leichenkeller … diese Holztische mit Abfluss, dieser Galgen über mir (eine Stange mit Schlingen dran), diese sterile Atmosphäre, keine Deko oder andere nette Assecoires, schmutzige Wände und einen Ventilator, der so stark brummt und wackelt, dass ich darum bitte, ihn trotz großer Hitze auszustellen. Folglich wird eine Frau beauftragt, mich mit der Zeitung zu befächeln. Meine geschwollenen Füße werden von 2 Frauen mit Öl kräftig bearbeitet, während ich auf dem Holztisch liege … neben mir eine Herdplatte mit kochendem Wasser.

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Mir ist unbeschreiblich heiß. Wenn es mir zu weh tut, zucke ich und rufe „Pain“. Bei der anschließenden Gesichtsbehandlung hält sie mir einen Schlauch aus dem Kochtopf ans Gesicht. Der versprüht heißen Wasserdampf auf mein Gesicht. Oh Gott … mir wird noch heißer. Ohne das Fächeln der Frau wäre das nicht auszuhalten. Dann bekomme ich eine Gesichtsmaske, werde im Gesicht gezupft und gerieben, eine Maske wird mir aufgetragen, die Augen verdeckt … ich spüre den Wind der fächelnden Zeitung, mein Rücken schmerzt langsam von der harten Unterlage … die Haare werden  mit eingeölt … ich schwitze immer mehr bei dieser tropischen Luftfeuchtigkeit von ca. 80% … zum Schluss werde ich in ein schmuddeliges Bad gebracht, wo ich mir das Gesicht abwaschen soll … Tja, mit Wellness hat das nun wirklich nichts zu tun.

 Francis, unser Tuk-Tuk-Fahrer von „Ashtamudi Villas“ und die indische Küche

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Dieser tolle Typ verdient eine extra Portion Anerkennung, denn er hat wirklich alles für uns getan. Ob Zugtickets  besorgen, ATM’s finden, uns zum Festival begleiten usw., immer wieder bringt er uns zum Lachen, sein Englisch ist exzellent und sein Lebensgefühl positiv. Abends entführt er uns in ein vegetarisches  Restaurant, in dem die Inder essen.

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 Auch zu den Masala Dosas, die er uns nach der Kanutour empfiehlt, sind die Dips besonders lecker. Dosas sind große pikante Pfannkuchen, die auch schon mal als Pyramide serviert werden. Puri sind Teigfladen, die beim Frittieren riesig groß aufgehen und aussehen wie ein Ballon. Naan ist das im Tandoor gebackene, flache Brot, wozu gerne  Raita, ein mild gewürzter Joghurt mit Gurke und Ananas, serviert wird. Sehr scharf ist das Curry Vindaloo, Dhal und auch das Butter Chicken Masala. In den Zügen werden meistens Samosas, frittierte Teigtaschen mit Gemüse, und Idli (Reisbällchen) serviert.

 Als Fahrer unserer Unterkunft versteht er  sich als Kümmerer und Unterhalter. Er erklärt uns die religiösen Rituale zum Beispiel, warum Jungen und Männer geschminkt und gekleidet wie Frauen herumlaufen, welche Tempel gerade besucht werden, warum so viele Menschen gerade nach Kollam reisen usw.

Bier  trinken in Kerala

Nirgendwo sonst haben wir solche Menschenschlangen vor diesen kleinen Lädchen, die Alkohol verkaufen, gesehen. Abends stellen sich die Fischer dort an, um sich ihr beliebtes Getränk zu kaufen. Man sagt, dass der Verkauf von Alkohol stark kontrolliert wird und dass die Regierung diesen immer mehr beschränken möchte. Dass dies nun auch Auswirkungen auf uns hat, hätten wir nun nicht gedacht, denn die Mitarbeiter des Resorts scheuen keine Mühe für uns mit ihren Mopeds die Bierflaschen einzeln an speziellen Stellen (z.B. Hotels) zu besorgen. Auch für die Bootstour werden für uns extra einige Flaschen per Moped organisiert.

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Die Backwaters von Kerala

„Eine Bootsfahrt auf den Backwaters von Kerala gehört zu den beeindruckensten Erlebnissen einer Indienreise“

… heißt in fast allen Reiseführern. Auf einer Strecke von ca. 75 km erstreckt sich diese Strecke zwischen Kollam und Kochi. Wer auch immer vor 20 Jahren die Idee hatte, Touristen auf alten Reisbooten (Kettu Vallam) durch die Backwaters zu schippern, hätte sich wohl nie träumen lassen, dass mittlerweile mehr als 500 dieser Boote auf den Wasserwegen unterwegs sind. Diese Hausboote passen sich  mit ihren  Aufbauten aus geflochtenen Palmwedeln und Kokosbast wunderbar in diese grüne Landschaft voller Kokospalmen. In Allapuzzha sind die meisten stationiert, so dass man dort eine größere Auswahl hat. Diese reicht von der Luxusklasse mit AC-Zimmer, Wein und Whirlpool bis zu den schnörkellosen Transportbooten mit lauten Dieselmotoren, engen Schlafzimmern und wenigen Waschmöglichkeiten. Entsprechend sind die Preise … ob mehrtägige Touren oder Tagestrips … alles ist möglich.

Da es hier in Kollam weniger Hausboote gibt und heute auch noch ein Feiertag ist, an dem viele Inder angereist sind,  diese auch gerne mit ihren Familien eine Tour unternehmen, haben wir Schwierigkeiten ein Boot zu bekommen. So entscheiden wir uns erst einmal für ein umweltfreundlicheres Kanu (kettu vallam). Erstes tun wir dem fragilen Ökosystem einen Gefallen und zweitens uns, da wir eine Menge Geld sparen. Von unserer Unterkunft „Ashtamudi Villas“ holt uns der beste Tuk-Tuk-Fahrer von Kollam – Francis – ab. Auf der Fahrt zum Fähranleger zeigt er uns ganz stolz sein Zertifikat.

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Mit Hilfe von 3 Schienen kommt auch das Tuk-Tuk auf die Fähre. Nach weiteren 10 min erreichten wir das Haus des Bootsmannes, der uns freundlich begrüßt. Wir (3 Frauen) haben genügend Platz in dem großen Holzkanu, das er mit dem Bambusstab steuert. Sehr gemächlich treiben wir nun durch die engen Kanäle, die gesäumt von der grünen Vegetation, in denen sich die Palmen spiegeln.

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Als unser Bootsman eine Pause einlegt, erzählt er uns bei einem Masala-Tee  etwas zur Lebensweise hier in den Backwaters. Die Menschen hier leben von dem, was hier wächst … Chashewnüsse, Papayas, Reis, Bananen, sie halten Tiere  oder betreiben Garnelenfarmen.

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Das faszinierende Labyrinth schimmernder Wasserflächen – Seen, Kanäle, Bäche – wird von dichter tropischer Vegetation gesäumt und zeigt ein ländliches Kerala. Unterwegs eröffnen sich ständig neue Ausblicke, von schmalen Kanälen und undurchdringlichem Grün bis zu offenem Gelände und Reisfeldern. Zwischen den Palmen blitzen Häuser, Farmen, Kirchen, Tempel hervor … zwischendurch ein Eisvogel, ein Kormoran, der seine Flügel im Wind trocknet. Wir gleiten langsam dahin und hören nichts, außer dem Vogelgezwitscher.

Manchmal fahren wir unter einfachen Brücken hindurch, an denen wir uns bücken müssen. An einem Dorf halten wir an, wo gerade Kokosbast hergestellt wird. Unfassbar wie schnell die Frauen den Bast zu einem Seil drehen … alles per Hand. Einer muss immer das Rad drehen … nun geht es langsam zurück und eine wunderbare Tour geht nach 2 Stunden zu Ende.

Als wir am Abend erfahren, dass die Hausboottour am nächsten Tag doch klappt, trotz Karfreitag, freuen wir uns sehr. Denn Joseph, der Besitzer des Resorts, sagte uns am Morgen, dass es schwierig sei, da zur Zeit viele Inder wegen der Festtage hierherkommen und ebenso gerne mit ihren Familien auf den Hausbooten fahren. Gemeinsam mit den beiden Münchnern werden wir am nächsten Morgen direkt an der Anlegestelle hier am Resort abgeholt.

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Schon beim Anblick des Bootes sind wir verzückt und stauen noch mehr, als wir hineinklettern … ein mit Ananas, Bananen und Mandarinen belegter Teller auf einem netten Tisch, 2 Stühle davor, blaue Sitzkissen mit orientalischen Ornamenten, bunte Teppiche … wow , wir sind platt, schauen uns direkt die beiden Schlafzimmer und die Bordküche an, in der die beiden alten, eher zahnlosen Männer für uns kochen.

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Im Bug machen wir es uns gemütlich, genießen den Ausblick und fotografieren wie wild. Auf dem Ashtamudi Lake überholen uns rostige, alte Schiffe und andere Reisbarken. Mit unserem Bootsmann halten wir einen Plausch über die Fangmethode mit den chinesischen Fischnetzen. Schließlich fragt er uns, ob wir ein paar Prawns aus dem See probieren möchten und da wir ihn nicht ganz verstehen, willigen wir einfach ein. Schließlich steuert er ein kleines Dorf an und führt uns zu dem Haus des Prawn-Fischers, wo wir für uns Vier ein Kilo Prawns für 1400 IR (ca.20€) kaufen. Unsere beiden Köche zaubern in der Küche ein unfassbar leckeres Essen, denn diese dicken Prawns sind herrlich gewürzt und auf Spießen, die aus dünnen, stabilen Blättern abgezogen sind, gegrillt. Ich habe noch nie Bessere gegessen.

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Mittlerweile befinden wir uns in den schmaleren Kanälen und wir wissen gar nicht, wo wir zuerst hingucken sollen … auf das Essen oder auf die Backwaters, die jetzt in diesen enger Wasserstraßen noch schöner sind. In dem Palmen gesäumten Ufer spiegeln sich die Palmen im Wasser und hinter jeder Kurve erscheint ein neuer Ausblick, der fasziniert. Kinder und junge Männer winken uns vom Ufer zu, Weißkopfadler suchen nach Fischen und streiten sich um Einen.

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Auf dem Rückweg lege ich mich vorne in die Sonne und genieße  die leichte Brise. Das Bier, das Joseph uns extra besorgt hat, macht uns müde und wir dösen so dahin. Als wir gegen 17 Uhr unseren Anleger erreichen, verabschieden wir uns mit einem Fotoshooting von der Belegschaft.

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Von Goa über Margao nach Kollam (Kerala)

Indische Eisenbahn

Wer mit der indischen Eisenbahn fahren möchte sollte früh buchen. Da es viele Inder gibt, die vorzugsweise ihr Land mit dem Zug bereisen, sind die Plätze Wochen vorher ausgebucht. Wir bekommen nach langer Suche und Beratung von einem sehr hilfsbereiten Inder in der Travel Agency in Palolem gerade noch 2 Plätze, 3. Klasse AC in der Sleeper Class. Da der Zug morgens um 6 Uhr von Margao startet, organisieren wir uns den Taxifahrer, der uns bereits am Flughafen abgeholt hat. Um 4:15 Uhr früh steht er am Taxiplatz in Palolem und fährt uns zum Bahnhof von Margao (ca. (45 min).

Nachdem der Zug pünktlich losgefahren ist, bekommen wir den vollen Service, mit dem wir niemals gerechnet haben: ein frisches Laken, 2 Flaschen Wasser, Kaffee, ein würziges, scharfes Frühstück (Gemüsebällchen / Korma, Toast, Butter, Marmelade und Mangosaft). Während ich schlafe, wird der Boden geputzt und der Müll eingesammelt. Obwohl im LP sehr vor Dieben gewarnt wird und wir infolgedessen unsere Rucksäcke nicht aus dem Auge lassen und die Bauchgurte wachsam tragen, können wir dies nicht bestätigen. Entweder haben wir den „ICE“ der Indian Railway gebucht oder was auch immer … jedenfalls wirken die Passagiere hier sauber und gepflegt. Immerhin bezahlen wir hier ca. 34€ für über 850 km.

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Nachdem ich die „Times of India“ gelesen habe, mache ich es mir gemütlich und genieße den Blick auf die sich verändernde Landschaft. Die Vegetation wird immer grüner. Gegen Mittag wird eine heiße Suppe mit 2 Brotstangen serviert. Bettina schläft, liest und lacht über unseren Mitarbeiter, der sich immer wieder zum Pennen in ein freies Bett legt.

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Als wir nach ca. 12 Std. Kochi erreichen, beginnt das indische Chaos. Wie finden wir den Busbahnhof, den Ticketschalter, den richtigen Bus usw. …  Glücklicherweise habe ich einen gebildeten, englisch sprechenden Ingenieur angesprochen, der uns anbietet, mit uns die Tickets zu besorgen. Er scheint zu wissen, was da auf zu kommen sollte, denn am Busbahnhof hätten wir jedenfalls kaum eine Chance gehabt, das richtige Ticket zu kaufen. Wir stellen uns an und er managt den Kauf. Was er an dem 2. Schalter noch machen musste, verstehen wir sowieso nicht. Während wir in der völlig verranzten Halle mit nicht mehr lesbarer Anschlagtafel warten, bringt er sein Gepäck mit dem Versprechen wiederzukommen ins nahe Hotel. Weder die Schrift auf den Bussen noch die Ansage kann uns weiterhelfen.

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Als wir dann in den Bus steigen wollen, wird’s richtig spannend, denn wie sollen wir mit den Rucksäcken in einen völlig überfüllten Bus steigen, in dem wir die Sitze 4 und 5 reserviert hatten.

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Die Menschentraube hängt zu den Türen hinaus und wir sollen einstiegen. Wir laufen von vorne nach hinten, suchen nach einer Ladefläche für die Rucksäcke, fragen unseren Mann, der letztlich den „Bus-Manager“ auffordert, dafür zu sorgen, dass unsere Sitze frei werden. Ich steige irgendwie ein, sehe, dass auf unseren Sitzen direkt hinter dem Fahrer eine ältere und eine jüngere Frau sitzt, die mich verständnislos anschauen. Überhaupt glotzen uns hier alle an, da wir die einzigen Traveler hier sind. Die beiden Frauen stehen auf, ich quetsche nich irgendwie durch die Menge und versuche meine Rucksack in die Lücke hinter den Fahrersitz zu quetschen. Bettinas noch oben drauf und wir davor, seitlich eingekeilt zwischen den stehenden Männern links und der sitzenden Frau rechts von uns … Und das bei ca. 35 Grad. Natürlich steht der Bus noch eine Weile, damit uns die Schweißbrühe noch den Rücken runterläuft. Wir halten es aus und durch … 4 Stunden lang, so viel stop and go, weil hier gerade einige Festivals stattfinden (Karfreitag) … wir sehen Männer, die geschminkt und gekleidet sind wie Frauen und lassen uns später den Sinn dieses Festes erklären … Der indische Straßenverkehr gleicht einem Slalomkurs, der täglich zu ca. 200 Unfällen führt. Wir sehen zum Glück nur einen verletzten Mann auf der Straße liegen, der wohl beim Überqueren dieses mörderischen Highways überfahren wurde. Als sich ein Typ zu sehr mit seinem Körper an Bettina quetscht, drücke ich ihn zweimal unsanft weg. Anders geht es hier nicht.

Als wir gegen 23:30 den Bahnhof von Kollam erreichen, stehen nur noch 2 Tuk-Tuks dort, deren Fahrer so gut wie kein Englisch sprechen. Wie gerufen stehen gerade 2 junge Männer dort, die wie Studenten aussehen und dem Fahrer übersetzen, wo wir hinwollen. Natürlich verfährt sich der Fahrer, hält noch 2 mal an, um jemanden zu fragen, bis wir dann endlich vor „Ashtamudi Villas“ stehen! Wie glücklich wir sind, als wir freundlich empfangen werden, jeder von uns ein großes Bier bekommt, wir durchatmen können und unsere schöne Villa sehen. Bisher das Beste, was wir hier hatten. Allein das Bad ist so nett gemacht.

Stolz auf uns, diese anstrengende Tour geschafft zu haben, fallen wir ins Bett.

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Goa „Palolem Beach“

Was laufen hier eigentlich für Leute rum? Wer reist denn wohl so nach Goa? Gibt’s da auch Pauschaltouristen mit Rollkoffer? Bestimmt hauptsächlich junge Backpacker, Studenten so um die 25-35Jahre … doch siehe da, es ist ganz anders. Im Dreamcatcher sind einige ältere europäische Damen über 60 J., die im Yoga-Kurs oder auf ihrer Terrasse ihren hageren Körper dehnen. In der Bar sitzend checken sie ihre Emails auf dem iPad oder lesen E-Books. Eine „Oma“ erklärt mir, dass sie 70 Jahre alt sei und nun zum xten Mal versuche, den CheckIn Ihres Rückflugs hinzubekommen, doch die Verbindung hier sei ja so miserabel. Sie besuche jedes Jahr für 4 Monate ihre Tochter, die am Patnem-Beach eine Travel-Agency betreibt.

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Glücklicherweise hält sich die Anzahl der Russen in Grenzen. Mein erster Eindruck von 3 Russen passte prompt zu meinen Vorstellungen. Einige hübsch gekleidete Inderinnen verteilten am Strand Farbtupfer zum Holi-Fest, woraufhin ein Russe sagte: „ If you give me Sex, I give you money!“ Der ratlose Blick der Inderin sagte alles …

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Am Agonda Beach trafen wir auch nicht die typischen Backpacker, denn dort geht es etwas nobler zu. Die ca. 2km lange, fast menschenleere Bucht ist sehr sauber, nur ein paar Resorts zieren den Rand der Bucht, keine Boote, wenige Liegen, natürlich Kühe, einfach ruhig und leer … Gewundert haben wir uns über die Strandverkäufer/innen, die in Palolem verboten sind … ganz anders geht es am Palolem Beach zu, obwohl er direkt nebenan liegt …  bunte Hütten, Restaurants und Bars säumen die Bucht … Fischerboote und Kanus liegen aneinander gereiht … und abends wird der Strand zur Promenade … dann spielen die Inder Fußball, Cricket oder Joggen … indische Familien spielen im Wasser, Fischer holen ihre Boote rein und Kellner bauen die Tische für’s Abendessen im Sand auf … der Strand ist zwar sehr belebt, gilt aber als „Quiet Beach“, von daher gibt es nur „Headphone-Partys“ und die Polizei passt auf.

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Im „Palolem Coconut-Tree“ finden wir eine neue Hütte, direkt am Meer, sehr basic … immerhin mit 2 Liegen und einer Palme davor, die permanent zum Fotoshooting genutzt wird. Auch der Preis ist basic … 1200 IR (ca. 17€), dafür gibt’s kein Regal, keine Haken oder andere Ablagemöglichkeiten. Unsere Nachbarn sind äußerst trinkfreudig und gesellig. Gestern haben sie – ein englisches älteres Paar – ein weiteres Paar zum Wodkasaufen und Grölen eingeladen … mit ihrer mobilen Box haben sie über’s Handy ihre Musik eingespielt, Kette geraucht und gesoffen … es war unfassbar laut. Doch dank meiner Ohrenstöpsel konnte ich einschlafen, Bettina dagegen hatte eine unruhige Nacht.

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Masseure aus Kerala bieten ihre Dienste an, die wir gerne ausprobieren: Pediküre mit neuem Nagellack. So sauber hätten wir unsere Füße nie hinbekommen. Die Masseurinnen haben einen harten Griff, was man diesen zarten Körpern gar nicht zutraut. Zum Essen gehen wir in das Restaurant auf den Felsen und genießen die Sonnenuntergangsstimmung mit Blick über die ganze Bucht.

Einen ATM finden wir in Canacona (ca. 4km) und am Agonda Beach (ca. 12 km)). Ein Taxi– oder Tuk-Tukfahrer bringt einen z.B. für 300 IR (ca. 4,30 € ) nach Agonda. Ich hebe schrittweise jedes Mal 7400 IR (ca. 100€) ab, da dies am Besten klappt.

Da Inder eher meditativ arbeiten, braucht alles seine Zeit. Bis du im Restaurant gesehen wirst, bis jemand kommt und dir die Karte bringt, bis das 1. Bier kommt, bis der Kellner dir das Essen und dann die Rechnung bringt … alles sehr gemächlich. Alle haben Zeit im Überfluss. Mit großem Hunger oder Durst solltest du nicht ins Restaurant oder an die Bar gehen. Unsere deutsche Betriebsamkeit, unsere Hektik und unser Tempo brauchen einige Tage zur Adaption.

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Wie sind die Inder? Einige schauen uns nicht an, wenn wir sie ansprechen. Sie wirken eher abweisend, starren beispielsweise auf ihren Monitor und sprechen sehr undeutlich und schnell, so dass wir Mühe haben, überhaupt etwas zu verstehen. Verkäufer vor ihren Läden sprechen uns permanent mit „ Come and have a look“ an. Andere sind wieder sehr freundlich und helfen uns sehr. Zum Beispiel am Bahnhof von Margao, wo wir wirklich Angst hatten, unseren Platz/Waggon nicht zu finden. Dort sprach mich ein Mann an, wo ich denn hinwollte. Er besorgte mir einen Chai und versprach mir, uns zum Gleis, zum Zug und zu unserem Platz zu bringen, was er dann auch tat. Wir waren überglücklich, als wir dann am richtigen Platz waren. Dass mich viele – besonders Männer – anschauen, daran habe ich mich gewöhnt. Frauen sind sehr zurückhaltend, aber freundlich.

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